15.10.2020 | ArcelorMittal Hamburg

Botanischer Verein zu Hamburg e.V. zu Besuch bei ArcelorMittal

Von heimisch bis fremdländisch: Einblick in den Ergebnisbericht


Kolja Dudas komplett in ArcelorMittal-Montur. Vor dem Besuch auf dem Gelände musste er einen Sicherheitstest absolvieren, denn Sicherheit steht auch hier an oberster Stelle.

Alles summt und brummt bei ArcelorMittal in Hamburg. Das liegt nicht nur an vorbeifahrenden LKW, sondern auch an allerlei Insekten. Das Gelände im Hamburger Hafen ist ein Diversitätshotspot für heimische und fremdländische Pflanzen – das hat der Botanische Verein zu Hamburg bei seinen Besuchen im Rahmen eines bundesweiten Projekts festgestellt.

Untersucht wurden Einschleppung und Ausbreitung gebietsfremder Pflanzenarten, zu der alle Verkehrsträger beitragen. Das ArcelorMittal-Gelände ist der ideale Untersuchungsort: zentral gelegen und stark um- und befahren – von LKW-, Bahn- und Seeverkehr. „Es reicht schon, wenn in Brasilien jemand auf eine zermatschte Beere tritt und mit denselben Schuhen in Hamburg durch eine Pfütze läuft, um neue Arten zu verbreiten“, begründet Kolja Dudas vom Botanischen Verein die Untersuchung.

Zwei Tage verbrachte der Botaniker – vorwiegend kriechend – auf dem Gelände. Vor allem in den unaufgeräumten Ecken wurde er fündig. „Die sind für uns das absolute Highlight, hier passiert Natur: wild, ungeregelt, ungebändigt.“ Dort entdeckte er einen nordamerikanischen Verwandten der Tomate: den Pontischen Dreiblütigen Nachtschatten. Überhaupt erst der zweite Fund dieser Art in Hamburg und damit eine Sensation. Auch den akut vom Aussterben bedrohten Feld-Steinquendel fand Dudas auf dem Areal. In der Hochphase der Hafenbotanik in den 1980er Jahren war dieses Gewächs noch deutlich häufiger. Offene Bereiche aufgrund von Umbaumaßnahmen, Spülfeldern und die typischen sogenannten Sekundär-Trockenrasen sorgten für Artenreichtum. In den 1990er und 2000er Jahren fielen diese den Versiegelungen zum Opfer und wurden eingezäunt.

Einen umfassenden Überblick über die Flora des Hamburger Hafens gibt es seither nicht mehr, denn die Genehmigungen fehlen schlichtweg. Deshalb weiß der Botanische Verein es sehr zu schätzen, dass Dr. Peter Kehl, Leiter Qualitätsmanagement, so interessiert am Vorhaben war. „Von Vereinsseite wäre auch eine weitere Zusammenarbeit unglaublich wertvoll“, verkündet Dudas. Auch aufgrund des ersten Spontanfunds der Schneeblättrigen Blasenspiere. Eine typische Zierpflanze, ursprünglich aus Nordamerika. Wie sie auf das Hamburger Gelände kommt? Unklar. Aber für Dudas steht nicht die Vergangenheit im Fokus – auch wenn es spannend wäre. Er blickt in die Zukunft, möchte das Verhalten beobachten. Und einen Bildungsauftrag erfüllen: „Keine Angst vor Verfremdung, jede neue Art sorgt für mehr Vielfalt.“ Der Hamburger Hafen ist ein Diversitätshotspot und zeigt die wunderbare Koexistenz von gefährdeten, heimischen und nicht-mehr-ganz-so-fremdländischen Pflanzen. Ein schönes Bild und ein wunderbarer Ansatzpunkt – nicht nur für die Botanik.