11.03.2019 | ArcelorMittal Stahlservice Center

Kooperation statt Konkurrenz

Start der Aluminiumverarbeitung in den Steel Service Centern (SSC) West. Ein Gespräch mit Patrick Massing, dem Aluminium Manager von SSC West.

 

Während es schon seit 3500 vor Christus vielfältige Produkte aus Stahl und seinem Vorläufer Schmiedeeisen gibt, beginnt die Geschichte von Aluminium erst im 19. Jahrhundert. 55 Millionen Tonnen produzierte die Welt im Jahr 2016. Gegenüber 1,6 Milliarden Tonnen Stahl eine verschwindend geringe Menge. Doch als häufigstes Element in der Erdkruste ist es nicht nur reichlich vorhanden. Es bietet besonders beim Fahrzeugbau im Bereich der Elektromobilität an vielen Stellen sinnvolle Ergänzungen zu den Anwendungsbereichen seines älteren Bruders.

Jetzt hat auch ArcelorMittal das leichte Metall für sich entdeckt. Die europäischen Stahl Service Center, in denen bisher nur Stahlcoils gespalten, geschnitten und weiterverarbeitet wurden, haben ihr Produktportfolio erweitert. Seit dem 1.1.2019 schneiden die Anlagen von ArcelorMittal SSC West in Neuwied, Woippy (Frankreich, nahe Metz) und in Alleur (Belgien, nahe Lüttich) auch Aluminium.

Herr Massing, seit Januar 2019 werden Sie ArcelorMittal-Kunden auch mit Aluminium beliefern.
Dabei scheint doch Stahl gerade das Rennen zu machen.

Wir sind Stahlhersteller und natürlich verkaufen wir erst einmal eher Stahl als Aluminium. Wir entwickeln also keine technischen Lösungen für Aluminium-Neuteile für unsere Kunden, sondern wir bieten Logistik- und Verarbeitungsservices, wenn unser Kunde Aluminiumteile benötigt, die bereits im Einsatz sind. Aber unsere Kunden schätzen unser tiefes Verständnis für ihre Produkte und Prozesse, besonders in der Automobilindustrie. Und mehrere große Unternehmen haben sich gewünscht, Stahl und Aluminium aus einer Hand zu erhalten. So haben wir angefangen, uns mit dem Thema zu beschäftigen.

Geht das so einfach?

Die Eigenschaften von Aluminium sind doch deutlich andere als die von Stahl. In der Produktion geht das nicht. Aber im Zuschnitt auf unseren Spaltanlagen ist das möglich. Wir haben das in unseren ArcelorMittal-Werken in Belgien und Frankreich getestet und diese Anlagen entsprechend erweitert. Die Ergebnisse sind ausgezeichnet. Und in Neuwied, wo eine Neuinvestition anstand, haben wir die Anlage gleich so konzipiert, dass auf ihr Stahl und Aluminium gespalten werden können.

Haben Sie denn inzwischen ausreichende Erfahrungen mit Aluminium?

Ja, die haben wir. Seit mehr als einem Jahr testen, überprüfen und optimieren wir. Und wir haben Testmengen an Kunden ausgeliefert, die uns ein sehr positives Feedback gegeben haben. Mit der neuen Anlage in Neuwied haben wir zudem die beste am Markt verfügbare Technologie mit einer Sicherheitsschleife, die die Automobilindustrie von uns fordert. Es gilt aber auch: Dies ist für uns nach wie vor ein Lernprozess.

Wer gehört denn zu den Kunden?

Das Interesse ist tatsächlich groß. Wir beliefern heute praktisch alle Automobilhersteller in Europa mit Stahl und die ersten erhalten ab Januar, wenn wir in Serie gehen, von uns ebenfalls ihr Aluminium. Da wir auf mehreren Anlagen flexibel sind, können wir uns nach der Nachfrage richten. Wir gehen allerdings durch die zunehmende Elektromobilität von einem steigenden Bedarf an hochwertigem Premium-Stahl und Aluminium aus.

Welche Qualitäten liefern Sie?

Grundsätzlich natürlich das, was der Kunde benötigt. In der Automobilindustrie sind das vor allem Legierungen und Materialdicken unter einem Millimeter bis knapp über drei Millimeter. Wir haben aber auch erste Anfragen aus der Industriebranche. Da geht es schon bei unter 0,3 Millimeter los und bis über fünf Millimeter Materialdicke. Unsere Anlagen sind darauf ausgelegt.

Wo liegen denn die Vorteile für die Kunden?

Zum einen ist es sicher unser Know-how über die Abläufe und Spezifikationen in der Automobilindustrie. Zum anderen erleichtert es die Logistik unserer Kunden, wenn man nur einen Ansprechpartner und einen Lieferanten benötigt – vor allem dann, wenn hier sowieso schon seit vielen Jahren eine gute Partnerschaft besteht. Im Gegensatz zu Aluminiumherstellern können wir unsere Kunden über mehrere Aluminium-Bezugsquellen beliefern und so ein hohes Maß an Sicherheit und Flexibilität bei unseren Fertigmaterialien bieten.

Auch bei der Logistik gibt es Vorteile. Da können wir zum Beispiel in Neuwied, wo Stahl und Aluminium parallel verarbeitet werden, beide Produkte im Sinne eines 1 stopshop Konzepts auf den gleichen LKW laden.

Woher beziehen Sie das Aluminium?

Der größte Teil kommt aus Europa – wir kaufen je nach dem was unsere Kunden benötigen bei den führenden Herstellern.

Als verantwortlicher Manager für Aluminium in Westeuropa benötigen Sie viel Know-how über die Produktionsbedingungen und -möglichkeiten in einem Stahl Service Center.

Ja, das ist sicher hilfreich. Ich war acht Jahre lang Niederlassungsleiter in Frankreich im Automotive Werk in Woippy, wo wir vor einem guten Jahr mit den ersten Tests begonnen haben. Ich kenne alle unsere Anlagen, die zurzeit Aluminium verarbeiten können und habe mich darauf gefreut, in Neuwied mit der Serienproduktion zu beginnen.

 

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