09.10.2015 | ArcelorMittal Deutschland

Reformbedarf am Emissionshandel

Frank Schulz (ArcelorMittal) und Dieter Janecek (Grüne) sehen – aus unterschiedlichen Perspektiven – Reformbedarf beim jetzigen System von CO2-Zertifikaten


V.l.n.r.: DieterJanecek, Moderator Dr. Perry Reisewitz, Frank Schulz

München, 8. Oktober 2015 - Der Handel mit Emissionszertifikaten ist als umweltpolitisches Instrument der EU in seiner jetzigen Form gescheitert: Darüber waren sich bei einer Diskussionsrunde im PresseClub München Frank Schulz, Vorsitzender der Geschäftsführung von ArcelorMittal Germany, und Dieter Janecek (MdB), wirtschaftspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, einig. Beide sprechen sich für eine grundsätzliche Überarbeitung des Emissionshandels mit unterschiedlicher Zielrichtung aus.

Eine mit dem neuen Vorschlag der Europäischen Kommission vorgesehene starke Verknappung der freien Zuteilung von Zertifikaten für die energieintensiven Branchen stößt bei Frank Schulz auf deutliche Kritik, da dies eine nicht zumutbare Kostensteigerung und Wettbewerbsverzerrung bedeuten würde. „Der jetzige EU-Vorschlag zur Reform des Emissionsrechtehandels würde am Ende die Stahlproduktion aus der EU in andere Länder verlagern, da wir dann in Europa  nicht mehr wettbewerbsfähig wären“, so Schulz. Die Folgen für die industrielle Wertschöpfungskette in Europa wären nicht absehbar. Er verweist darauf, dass die Deckung der Stahlnachfrage in Europa durch Importe aus anderen Regionen der Welt, wo Stahl nachweislich nicht mit annähernd so geringen CO2-Emissionen produziert wird, wie in Deutschland oder der EU, für den Klimaschutz keinen Sinn macht. „Wir stellen uns der Aufgabe die CO2-Emissionen in unseren Prozessen im Rahmen unserer Möglichkeiten zu senken und mit unseren Produktinnovationen zum Klimaschutz beizutragen. Aber dazu brauchen wir faire Wettbewerbsbedingungen und realistische Ziele im Emissionsrechtehandel.

Zudem entstehen, so Schulz, durch die europäische Energie- und Klimapolitik Wettbewerbsnachteile, die langfristige Investitionen in Frage stellen. „Der Effekt ist eine drohende schleichende De-Industrialisierung in Europa. Wir brauchen ein globales und bindendes Klimaschutzabkommen, das weltweit vergleichbare politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen schafft, um die notwendigen Klimaschutzziele zu erreichen.“

Die Kritik von Dieter Janecek am bestehenden Emissionshandelssystem zielt im Gegensatz dazu auf dessen mangelnde Wirkungskraft. Die Gefahr der De-Industrialisierung sieht er gerade für Deutschland nicht, vielmehr steht für ihn die europäische und insbesondere die deutsche Industrie massiv in der Pflicht. „Natürlich müssen wir diese Diskussion auf der Basis der wirtschaftlichen Machbarkeit führen. Klar ist aber auch: Es muss beim CO2-Ausstoß etwas geschehen. Wir betreiben Raubbau am Planeten, denn wir verbrauchen mehr, als uns zur Verfügung steht und übernutzen die Kapazität der Atmosphäre als CO2-Speicher. Und gerade die ökonomischen Folgekosten eines unkontrollierten Klimawandels sind um ein Vielfaches höher als die Ausgaben für wirksamen Klimaschutz“, argumentiert Janecek, der sich für eine Reform des Emissionsrechtehandels ausspricht, um damit auch Druck auf die Industrie auszuüben. „Die deutsche Industrie ist in gewisser Weise in einer Vorreiterrolle. Dennoch müssen wir globale Standards finden, die für alle gelten, um diesem Problem Herr zu werden.“

 

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