Ohne zu zögern

Einer von uns Duisburgern – Azubi Felix Orthmann spielt in seiner ganz eigenen Liga – und übernimmt eine Menge Verantwortung


Kontrolle des Systems Lock-Box

Es hätte eigentlich ein entspannter Abend werden sollen. Fußball schauen mit dem amerikanischen Teamkollegen, ein bisschen Erholung. Eigentlich. Der 12. März 2020 wird für Felix Orthmann einschneidender, als er für möglich gehalten hätte.

Felix Orthmann ist Sportler. Ein sehr guter und vor allem ein sehr erfolgreicher. Fußball spielt er zwar nicht, intensiven Ballkontakt hat er aber trotzdem. Denn Orthmann ist Volleyballer und spielt in der 1. Bundesliga der Herren. Gerade wurde die Saison beendet – wegen Corona. Und: Donald Trump verhängt einen Einreisestopp in die USA – wegen Corona. Insbesondere für Orthmanns Teamkollegen ist das ungünstig. Und bei Orthmann selbst löst es zwar keine Sinnkrise, wohl aber ein Umdenken aus. Wie geht es jetzt weiter?

Orthmann liebt den Sport. Und der Sport hat ihn geprägt. Seine Karriere startet er beim heimischen SC Union 08 Lüdinghausen, wechselt später zum USC Münster. 2011 geht es ins Volleyball-Internat Frankfurt. Felix ist da gerade mal 15 Jahre alt. In diesem Alter von zuhause auszuziehen, ist ungewöhnlich. „Man ist da plötzlich ganz auf sich allein gestellt“, erinnert sich Orthmann zurück, „Man hat seine Klassenkameraden, aber die ersetzen die Eltern natürlich nicht. Das ist schon eine Herausforderung.“ Eine Herausforderung, ja. Aber eine, an der der 15-jährige Felix wächst. Leicht hat er es zwar nicht: Leistungssport, konstanter Wettkampf, eine neue Schule und ganz nebenbei auch noch der ganz normale Unterricht und die Vorbereitung auf das Abitur. Wo andere Schüler*innen im Sommer sechs Wochen lang die Sonne genießen, hat Felix gerade mal zwei Wochen frei. In der restlichen Zeit trainiert er. „Man muss das schon wollen“, grinst Orthmann, „aber ich wollte das. Und ich würde das genauso wieder machen. Ohne zu zögern.“

Wie geht es jetzt weiter? Die internationale Profikarriere wäre der nächste Schritt für Orthmann. Aber wie international ist ein Sportler, der wegen Corona gar nicht reisen kann? Eine sicherere Arbeit wäre in solch turbulenten Zeiten vermutlich die bessere Lösung. Also dem Sport den Rücken kehren? Nein.

Orthmann kann beides. Sportlich schraubt er nur geringfügig zurück, wechselt zum Moerser SC und damit von der 1. in die 2. Volleyball-Bundesliga. Und: Im September 2020 fängt er eine Lehre an, als Industriekaufmann bei ArcelorMittal in Duisburg. Doch obwohl es Orthmann eher zufällig in die Stahlbranche verschlägt, gefällt es ihm sehr schnell sehr gut. Das facettenreiche Arbeiten sagt ihm zu, die Einblicke in die verschiedenen Abteilungen reizen ihn – vor allem die direkte Arbeit mit Kund*innen und Kolleg*innen.

All das kann er in vollen Zügen ausleben, als er 2021 in die Arbeitssicherheit kommt. Denn es steht ein besonderes Projekt an: Die Safety Quarantine Audits (SQA) bewerten. Hier geht es um bewusstes Assessment mit einem klaren Ziel: Wie können Unfälle vermieden werden? Über das Jahr verteilt werden die Audits europaweit an verschiedenen ArcelorMittal-Standorten durchgeführt.

In Duisburg werden die SQA zu Orthmanns erstem großen Projekt. Die zentrale Frage am Anfang: „Wie machen wir das eigentlich? Wie können wir die ganzen Berichte sinnvoll zusammenfassen?“ Immerhin müssen elf verschiedene Abteilungen Begehungen durchführen und die Ergebnisse jeweils schriftlich zusammenfassen – auf elf verschiedenen Feedbackbögen.

Um das Feedback in geregelte Bahnen zu lenken, kürzt Orthmanns Team die Bögen auf eine Handvoll Fragen, übersichtlich, genau, vergleichbar. Das erste Problem ist gelöst.

Die besten Feedback-Fragen helfen aber nichts, wenn die Organisation der Begehungen nicht klappt. Auch hier hat Orthmann eine Idee und organisiert zusammen mit den Kollegen von der Pro-Tec eine SharePoint-Datei, in der Kolleg*innen ihre Begehungen eintragen können. Jede*r soll wissen, wer wann mit wem wohin geht, und das möglichst übersichtlich und leicht zugänglich. „Die Datei war keine fünf Minuten online, da war sie auch schon wieder kaputt“, unterdrückt Orthmann ein Grinsen. Aber auch dieses Problem lässt sich schnell lösen und nach kurzem Schock („Neee, bitte nicht!!“) geht die Liste wieder online. Probleme gibt es danach keine mehr.

„Jede Kleinigkeit zählt“, fasst Orthmann das Learning aus den Audits zusammen. „Es gibt schon Gründe, warum wir bestimmte Dinge prüfen, auch wenn‘s mal nur ein abgelaufener Feuerlöscher ist.“ Gerade wenn Kolleg*innen aus verschiedenen Bereichen zusammen aufmerksam sind, fallen viele vermeintliche Kleinigkeiten auf: „Jeder kennt seine eigene Abteilung inklusive der Risiken und potenziellen Gefahrquellen. Das fällt dann nicht mehr groß auf, weil man ja weiß, wie damit umzugehen ist. Da hilft es, wenn jemand von außen draufschaut.“

Von Orthmanns Organisationstalent jedenfalls profitiert nicht nur der Duisburger Standort: Als in Hamburg die SQAs anstehen, wird sein Modell einfach übernommen. Auch hier mit großem Erfolg.