Emerging Technology Award für ArcelorMittal Hamburg

Steigerung der Energieeffizienz durch Einsatz von Künstlicher Intelligenz - detaillierte Auswertung von Datensätzen als Hilfestellung für Schmelzbetrieb

ArcelorMittal prämiert im Rahmen des Emerging Technology Awards einmal pro Jahr IT- und Prozessautomatisierungsprojekte, die einen besonderen Mehrwert für den Konzern bieten. Das Hamburger Projekt „KI-Temperaturprognose für Elektrolichtbogenofen (= electric arc furnace, EAF)“ von Projektleiter Dr. Michel Wurlitzer und seinem Team (bestehend aus Karsten Voigt, Volker Holst, Jens Müller und Dr. Thomas Kirk von der Partnerfirma Foresight Datamachines) landete unter den Top 3.

Temperaturmessungen sind beim Schmelzvorgang nichts Neues. Um den Vorgang zu überwachen und zu optimieren, wird die Temperatur des flüssigen Stahls in regelmäßigen Abständen mittel Einweglanzen überprüft. Neu ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (= KI) zur Bildung einer kontinuierlichen, virtuellen Temperaturmessung.

Vorteile gegenüber herkömmlichen Messverfahren:

  1. Präzision: Das Hamburger KI-Modell misst die Temperatur genauer und zuverlässiger. Die Standardabweichung der Temperatur liegt lediglich bei 13 Kelvin (im Vergleich zu durchschnittlich 20 Kelvin bei anderen Systemen).
  2. Prognose: Das System liefert neben der aktuellen Temperatur ab der ersten Messung eine verlässliche Einschätzung der weiteren Temperaturentwicklung inklusive des zu erwartenden Toleranzbereiches. Die Schmelzer können sich dadurch frühzeitig auf die nächsten Arbeitsschritte vorbereiten und die erforderlichen Schritte für den Abstich einleiten.
  3. Selbstbewertung: Aufgrund der umfassenden Datensätze, mit denen die KI gefüttert wurde, kann sie sich selbst einschätzen und ihre Zuverlässigkeit bewerten. Liegt keine Temperaturmessung vor, steht die Selbstbewertung auf „unzuverlässig“. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto mehr vertraut die KI ihrer Prognose.

Der Startschuss für das Projekt fiel 2020. Gemeinsam mit einer englischen Partnerfirma, einem KI-Experten, machte sich das Projektteam zunächst an die Auswertung der Altdaten und den „Proof of concept“ (= PoC, dient der Überprüfung der Umsetzbarkeit einer Idee in der Realität) in Form einer Machbarkeitsstudie. Bereits nach einem halben Jahr stand der erste Prototyp inklusive Echtzeit-Datenerfassung und Interface.

Seit Herbst 2021 ist das aktuelle Modell nun in Betrieb und in das bestehende Leitsystem als Zusatzinformation integriert. Optimiert wird weiterhin. Dabei spielen die Schmelzer eine entscheidende Rolle: Sie stehen dem Projektteam mit Erfahrung und Know-how zur Seite und liefern neue Ansätze. Bereits 94 Updates gab es seit der Implementierung des Systems – und dabei wird es erfahrungsgemäß nicht bleiben. „Unsere Schmelzerinnen und Schmelzer sind sehr angetan von dem System“, sagt Ansgar Jüchter, Leiter Stahlwerk und Direktreduktionsanlage. „Es liefert klare und verlässliche Informationen und punktet durch die übersichtliche Darstellung.“

In Zukunft soll das System weiter ausgebaut und auf andere Arbeitsbereiche übertragen werden. Jüchter betont: „Der Einsatz von KI ist eine Hilfestellung für die Kolleginnen und Kollegen. Sie geben weiterhin den Fahrplan vor, schaffen die Vorbereitungsmaßnahmen, können sich noch besser auf die einzelnen Arbeitsschritte fokussieren und zu jeder Zeit manuell eingreifen.“ Das langfristige Ziel: die Energieeffizienz steigern und den Energiebedarf reduzieren – in der heutigen Zeit wohl wichtiger denn je.

Beim Emerging Technology Award von ArcelorMittal IT-Services America müssen eingereichte Projekte verschiedene Anforderungen und Kriterien erfüllen:

  • Mehrwert für das Unternehmen in mind. einem Bereich
  • Innovationscharakter
  • Nutzung mind. einer zukunftweisenden Technologie (z.B. Big Data, KI oder maschinelles Lernen)
  • Replizierbarkeit und Standardisierungspotenzial
  • Implementierung in Nord- oder Südamerika oder Europa
  • Einreichung über die AEITS-Website
  • Eine Jury bewertet die Projekte und prämiert die drei besten. Zusätzlich zur Auszeichnung erhält jedes Teammitglied einen Preis im Wert von 100 US-Dollar.