‚Kreislaufwirtschaft‘ ist ein Begriff, den Matthias Hirschberg gerne verwendet. Zum einen, weil er Geschäftsführer der HRV Hanseatische Recyclingprodukt - Vertriebsgesellschaft mbH ist, einer Tochtergesellschaft der ArcelorMittal Hamburg GmbH, und weil er sich dort mit der Aufbereitung von Nebenprodukten der Stahlherstellung beschäftigt. Und zum anderen, weil der Begriff ‚Kreislaufwirtschaft' klar zeigt, dass es sich bei den Stoffen, mit denen sich die HRV befasst, nicht um Abfall handelt, sondern um Stoffe, die für andere Industriezweige wichtig und wertvoll sind.
„Wir bereiten die Nebenstoffe auf, die bei der Stahlproduktion entstehen", erläutert Hirschberg. „Und wir führen sie wiederum hochwertigen Verwendungen zu." Vier Produkte sind es vor allem, die bei der Stahlproduktion an unterschiedlichen Stellen im Prozess anfallen. Und für alle vier hat die HRV ein Konzept zur Wiederverwendung. Den mengenmäßig größten Anteil macht dabei die Elektroofenschlacke aus.
150.000 Tonnen mineralische Reste
Rund 150.000 Tonnen davon entstehen in Hamburg im Jahr. Es handelt sich um die mineralischen Reste, die im Ofen verbleiben. „Im Elektroofen schmelzen die Mineralbaustoffe wie in einem Vulkan und am Ende entsteht ein dichtes, widerstandsfähiges, lavaähnliches Produkt. Das brechen wir auf und machen daraus einen sehr hochwertigen Split und Schotter." So entsteht aus der schwarzen Schlacke vor allem für Straßen mit hoher Verkehrsbelastung ein Produkt, das im Straßenbau von der Frostschutzund Schottertragschicht bis zur Asphaltdeckschicht Verwendung findet. Zum einen sind es die baustofftechnischen Eigenschaften, die zu einer produktiven Verwertung der Schlacke führen. „Zum anderen", sagt Hirschberg, „leisten wir mit der Wiederverwendung der Elektroofenschlacke einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Für jedes Kilogramm, das wir zur Verfügung stellen, benötigen wir ein Kilo Naturstein weniger. Das spart Ressourcen und schützt die Landschaft. Und wir fördern die Kreislaufwirtschaft."
Seit 1987 HRV
Die 1987 gegründete HRV, die heute mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigt, verarbeitet daneben im Jahr gut 20.000 Tonnen Pfannenofenschlacke. Diese besteht zu einem wesentlichen Teil aus Kalk und wird in Hamburg heute ebenfalls in eigenen Anlagen aufbereitet. „Diese so genannte weiße Schlacke brechen und sieben wir ebenfalls, allerdings deutlich feiner als die schwarze Schlacke. Am Ende entsteht daraus Konverterkalk, der in der Landwirtschaft als Dünger begehrt ist", erläutert Hirschberg. Zwischen 2004 und 2010 hat man bei HRV diese Kompetenzen zur eigenen Verarbeitung der Schlacken Stück für Stück aufgebaut und entsprechende Anlagen übernommen. Heute kann HRV bei all diesen Prozessen auf viel Erfahrung zurückgreifen. Zu den Produkten, um die HRV sich kümmert, gehört an dritter Stelle das Recycling von Feuerfestrückständen, die aufbereitetet wieder als Feuerfestrohstoff Verwendung finden und damit, von HRV-Kunden entsprechend verarbeitet, erneut für den Einsatz in Stahlwerken zur Verfügung stehen. Der vierte Bereich betrifft die Verarbeitung von etwa 15.000 Tonnen Erzunterkorn und 18.000 Tonnen Zunder – also um metallische Nebenprodukte. Beim Erzunterkorn handelt es sich um Eisenerzpellets, die für die Hamburger Reduktionsanlage zu klein sind – deswegen ‚unter Korn'. Diese kleinen Körner werden ausgesondert und an Stahlwerke mit Hochofen wie etwa Eisenhüttenstadt verkauft, die auch solch kleine Korngrößen verarbeiten können. „Und unter Zunder verstehen wir die Stahlreste, die vor allem bei den Schneidevorgängen an der Stranggießanlage beim Abtrennen der Knüppel entstehen. Auch diese Stücke werden gesammelt, aufbereitet und dem Stahlprozess wieder zugeführt."
Seit 2009 hat die HRV ein weiteres Geschäftsfeld entwickelt – die Logistik. „Das ist sinnvoll, weil ja zum Beispiel der Abtransport der Schlacken eng mit unserem ersten Geschäftsfeld zusammenhängt", erläutert Hirschberg. Inzwischen hat die HRV ihre Logistik-Kompetenz deutlich ausgedehnt. Heute gehören auch die Erzförderung in die Reduktionsanlage, Muldentransport und Schrottabfuhr sowie der komplette Bahnverkehr auf dem Werksgelände dazu, daneben weitere Serviceleistungen wie Brennarbeiten für Knüppel und Stahlbären, also Stahlreste aus Stranggußanlage und Pfannenofen, das Coilsfinishing und Trimmarbeiten am Ende der Walzstraße sowie das Schrottlöschen von Binnenschiffen. „Unsere Mitarbeiter sind so ausgebildet, dass sie mehrere Tätigkeiten übernehmen können. Das bedeutet, dass wir sehr flexibel, effizient und ohne größere Leerzeiten arbeiten können", freut sich Hirschberg über sein Team. In den nächsten Jahren will Matthias Hirschberg freilich noch ein bisschen mehr. Von 100 auf etwa 125 Mitarbeiter soll die HRV wachsen und weitere Logistikleistungen sowie Helfertätigkeiten anbieten. „Die Qualität unserer Arbeit und das Engagement unserer Mitarbeiter können sich sehen lassen", meint Hirschberg. Und auch der Fuhrpark, der unter anderem elf Radlader, sieben Bagger, zwei Dumper, zwei Schlackentransporter und fünf Muldenfahrzeuge umfasst, kann weitere Auslastung vertragen, damit die Kreislaufwirtschaft im Werk von ArcelorMittal Hamburg so richtig in Schwung bleibt